Die Inbetriebnahme des ersten elektronischen Stellwerks auf dem asm-Bahnnetz tönt auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär. Projektleiter Mario Schmuki und asm-Infrastrukturleiter Thomas Kämpfer erzählen vor Ort, was es alles brauchte, bis diese Anlage am Bahnhof in Nidau einsatzfähig war.
Thomas Kämpfer: «Es war nicht ganz einfach, in diesem engen, städtischen Korsett zu bauen: mittendrin die viel befahrene Kantonsstrasse, dann mehrere Buslinien und die begrenzten Platzverhältnisse innerhalb der Installationsflächen – der logistische Ablauf war mit Sicherheit ziemlich anspruchsvoll.»
Mario Schmuki: «Entscheidend war für mich die Streckensperrung im Juli. Wir haben uns während sieben Monaten darauf vorbereitet und mussten während der gesamthaft einjährigen Bauphase unseren äusserst straffen Zeitplan einhalten.»
MS: «Wir wussten, dass wir eine neue Stellwerkgeneration brauchten. Aufgrund des Beschaffungswertes musste die neue Sicherungsanlage im Bahnhof Nidau ausgeschrieben werden. Dabei wurde die asm von Spezialisten der Südostbahn (SOB) und von einem Juristen unterstützt. Den Zuschlag erhielt die Firma Siemens Mobility AG aufgrund ihres Angebots und unserer Bewertungskriterien. Sie projektierte das Ganze und lieferte die Komponenten sowohl für die Innen- als auch für die Aussenanlage.»
TK: «Mit dem neuen System wird der Unterhalt viel einfacher. Wir sparen Zeit und wir können die Sicherheit verbessern.»
MS: «Das Stellwerk Nidau besteht aus einem Hauptrechner mit einem Elementcontroller für den Bahnhof Nidau inklusive der Blockstelle Ipsach Herdi – ein weiterer Elementcontroller dient der Sicherung des Bahnhofs Biel. Über die integrierte Automatik werden Signalanstösse generiert und sämtliche Bahnübergänge zwischen Biel und Ipsach eingeschaltet. Die Basisinstallation mit Hauptrechner und Automatik in Nidau sowie dem aufgebauten Glasfasernetz ermöglicht die Erweiterung der Linie mit weiteren Elementcontrollern zur Sicherung von zusätzlichen Bahnhöfen und zur Anbindung von Bahnübergangsanlagen. Wir können somit bei zukünftigen Projekten eine Vereinheitlichung von Baugruppen und Anlagen anstreben und die aktuelle Typenvielfallt reduzieren.»
TK: «Wir reden da von nicht weniger als zehn Jahren Vorarbeit: Der Einklang mit den drei involvierten Bauherren verlief gut – das Projekt wurde sehr gut mit der Stadt und dem Kanton abgesprochen und das Zusammenspiel funktionierte in den meisten Fällen reibungslos. Es ist halt alles miteinander verbunden und wir waren abhängig voneinander. Auch das Wetter war ein wichtiger Faktor – im Speziellen während der Intensivbauphasen.»
MS: «Die Einhaltung des Zeitplans war zentral. Die Inbetriebnahme konnte nicht verschoben werden. Gleichzeitig legten wir grossen Wert auf die Qualitätssicherung.»
TK: «Auch hier war es ein Zusammenspiel mit der Stadt. Unser Standort befindet sich am Tor zur Altstadt von Nidau. Der Bau mit der Klinkersteinverkleidung wurde den gelblichen Grundfarben der Gebäude in der Altstadt angepasst. Wir haben also bewusst Rücksicht auf das Ortsbild genommen.»
TK: «Die neue Anlage wurde generell positiv aufgenommen. Die Reklamationen und Beschwerden von Anwohnenden während der Bauphase waren überschaubar. Unser Kommunikationskonzept scheint also funktioniert zu haben …»
MS: «Im Jahr 2024 wird der Bahnhof Lattrigen umgebaut. Dieser Bahnhof wird mit einem vom Hauptrechner Nidau abgesetzten Elementcontroller in Lattrigen gesichert und die Blockstelle Sutz in Nidau integriert. Weitere zukünftige Projekte mit elektronischen Stellwerken sind der Bahnhof Brüttelen in Zusammenhang mit dem Doppelspurausbau zwischen den Bahnhöfen Siselen-Finsterhennen und Brüttelen, der Stellwerkersatz im Bahnhof Langenthal für die Linie bis St. Urban sowie der Stellwerkersatz im Bahnhof Aarwangen im Zusammenhang mit dem Projekt Verkehrssanierung Aarwangen und im Bahnhof Solothurn in Zusammenhang mit dem Projekt Sanierung und Umgestaltung der Baselstrasse in Solothurn.»
MS: «Wir pflegten generell einen sehr engen und regelmässigen Austausch mit allen Beteiligten. An unseren wöchentlich stattfindenden Koordinationsbesprechungen wurden alle offenen Fragen geklärt und Anpassungen raschestmöglich vorgenommen. Gleichzeitig legten wir grossen Wert auf eine sorgfältige und detaillierte Koordination – dies war insbesondere während der hektischen Intensivbauphase ein wichtiger Faktor. Diese langfristige und detaillierte Koordination war vor allem auch fachbereichsübergreifend notwendig und kann für zukünftige Projekte innerhalb der asm verbessert und weiterentwickelt werden.»
Mario Schmuki, Projektleiter
Thomas Kämpfer, Leiter Infrastruktur