Als langjähriger Leiter Busbetriebe bei der asm kennt sich Kurt Rüttimann bestens mit dem Thema Elektrifizierung der Busflotte aus: von den ersten Überlegungen über die Testfahrten, die Einführung der ersten Modelle bis zur aktuellen Situation. Der Busprofi kennt auch die künftigen Herausforderungen und er hat bereits eine Idee, wie sich die asm für die Flotte von morgen rüsten kann.
Kurt, wann habt ihr euch zum ersten Mal Überlegungen zu einer elektrischen Busflotte gemacht?
«Wir haben uns bereits vor über einem Jahrzehnt damit befasst: In den Jahren 2012 und 2013 führten wir Testfahrten mit verschiedenen Vollhybridbussen durch – bereits ein Jahr später führten wir die ersten Modelle in Langenthal ein. Ich weiss noch, als unsere Busse zum ersten Mal flüsternd durch die Quartiere fuhren und die Bewohnenden staunten, weil wir derart lärmfrei unterwegs waren …»
Kannst du bereits ein erstes Fazit ziehen?
«Es war mit Sicherheit die richtige Entscheidung – besonders wenn man sieht, wie sich die Dinge entwickeln. Wir sehen es als unsere zentrale Herausforderung, die gesellschaftliche Mobilität so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten.»
Welches waren die ersten Schritte nach der Einführung?
«Wir gründeten eine Projektgruppe, um herauszufinden, ob die Umstellung auf eine fossilfreie Flotte machbar ist – im Jahr 2022 lagen die Ergebnisse einer Traktionsstudie vor. Dazu muss man sagen, dass die damaligen Prognosen zur Reichweite der Batterien nicht zutrafen; die Entwicklung findet nach wie vor in kleinen Schritten statt. Und: Wir bewegen uns in einer ländlichen Region, verfügen über eine relativ kleine Busflotte und müssen die Einsätze und Wege anders berechnen als die Anbieter in der Stadt und der Agglomeration.»
Was geschah danach?
«Wir haben ein Umsetzungskonzept entwickelt, in dem wir das Ladekonzept, die Anforderungen an die Infrastruktur sowie die Auswirkungen auf die Abgeltungen der Besteller berechneten. Gleichzeitig haben wir auch Erfahrungen anderer Transportunternehmen miteinbezogen. Heute sind wir bei der Entwicklung einer elektrischen Busflotte immer noch gut unterwegs, aber wir müssen stets eine Balance zwischen ökologischen und ökonomischen Aspekten finden – vor allem im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Rohstoffabbaus und die damit verbundenen sozialen Fragestellungen.»
Kannst du uns hierzu ein Beispiel nennen?
«Wir müssen unsere Pläne auf die bestehende Infrastruktur in unseren Busdepots in Herzogenbuchsee und Meinisberg herunterbrechen. Dies erfordert beispielsweise Umstellungen in Sachen Unterbringung der zusätzlichen Fahrzeuge, Anpassungen in der Werkstatt, Einbau der Ladepunkte und der erforderlichen Zuleitungen.»
Welche Vorgaben des Bundes müssen erfüllt werden?
«Das Bundesamt für Verkehr (BAV) gibt die Richtlinien vor, die wir erreichen müssen. Beispielsweise dürfen ab 2031 keine Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr erworben werden.»
Nach wie viel Einsatzzeit muss ein Fahrzeug wieder aufgeladen werden – und wie kann man sich den Ablösungsprozess am Einsatztag vorstellen?
«Die elektrischen Fahrzeuge werden in Zukunft nach den Hauptverkehrszeiten tagsüber und nachts geladen. Da viele Fahrzeuge am Abend gleichzeitig zurückkommen, müssen wir auf die notwendige Infrastruktur zugreifen können. Das bedeutet, um Ladespitzen zu vermeiden, kommt ein Lademanagement zum Einsatz.»
Was heisst das konkret für das Buszentrum in Herzogenbuchsee?
«Wir starten die Teilumstellung im Jahr 2027 und werden dementsprechend die Infrastruktur anpassen sowie die Werkstatt ausbauen und umstellen. Ausserdem müssen wir die Mechaniker:innen mit dem entsprechenden Know-how ausrüsten und schulen.»
Wie sieht die asm-Busflotte in zehn Jahren aus?
«Wir werden vollelektrisch unterwegs sind. Bis dahin werden wir den Markt und die Technologieentwicklungen genau beobachten. Dabei müssen wir offen sein und auch immer wieder über den Tellerrand schauen.»
Letzte Frage: Was passiert eigentlich mit den alten Fahrzeugen?
«Wir haben klare Vorgaben für die Fahrzeugeinsatzdauer. Nach dem sogenannten Lebensende eines Fahrzeugs wird es weiterverkauft. Einige Fahrzeuge behalten wir noch als Reservefahrzeuge bei uns.»
Beispiel Reichweite an kalten Wintertagen oder heissen Sommertagen:
Die Aufladezeit dauert aktuell vier bis fünf Stunden.