Markus, wie reagierst du persönlich, wenn du von Anschlussbrüchen betroffen bist?

Hauptsache, die Transportketten werden eingehalten.

Markus Flück leitet den Geschäftsbereich öffentlicher Verkehr bei der asm. Im Gespräch erklärt er, wie es zu Anschlussbrüchen kommt, warum es ein System zum Abwarten von Anschlüssen gibt und wieso der gesunde Menschenverstand, die gegenseitige Rücksichtnahme und der vorausschauende Blick auf das gesamte Streckennetz in diesem Prozess die wichtigsten Faktoren sind.

Anschlusssicherung

«Wir sind mit unseren Zügen und Bussen Zubringer und Abnehmer vom und zum übergeordneten SBB-Netz. Zu wie vielen Anschlussbrüchen es kommt, können wir einzig anhand von Kundenanliegen eruieren. Nicht jede Verspätung führt zu einem Anschlussbruch. Wir versuchen nach Möglichkeit in jedem Fall, den Anschluss abzunehmen, und nehmen in Kauf, dass wir dadurch manchmal auch unpünktlich unterwegs sind.»

Vorgaben

«Fakt ist: Züge und Busse mit einer Ankunfts- und Abgangsverspätung bis 2:59 Minuten gelten im Sinne der Qualitätsmessung des Bundesamtes für Verkehr als pünktlich. Vorgaben betreffend die Anschlusssicherung gibt es aktuell keine, obwohl alle Akteure im öV bestrebt sind, dass die Transportketten eingehalten werden. Hier differenzieren wir, in welchem Taktgefüge die abnehmenden Verkehrsmittel unterwegs sind; beispielsweise in einem Stunden- oder einem Viertelstundentakt.» Bei einem dichten Takt der Abnehmer ist die Anschlusssicherung differenziert zu handhaben.

Schuldfrage und Entschädigung

«Wir beantworten zahlreiche Kundenanliegen bei Anschlussbrüchen, welche wir nicht verursachen. Ab einer Stunde Verspätung am Reiseziel erhalten die Fahrgäste z.B. einen Viertel des Fahrpreises zurück. Für die Regelung der finanziellen Entschädigung hat Alliance SwissPass eine Branchenlösung unter dem Titel ‹Fahrgastrechte› erarbeitet, an der wir partizipieren.»

Messung

«Das Bundesamt für Verkehr (BAV) misst nicht nur die Pünktlichkeit, sondern auch Qualitätskomponenten wie die Sauberkeit in Zügen und Bussen oder die Fahrgastinformation. 

Anschlussbrüche werden hingegen nicht erhoben, als regionaler Bahn- und Busbetreiber befinden wir uns stets an letzter Position in der Transportkette. Wir erfahren erst davon, wenn es uns die Kund:innen erzählen.»

Wartefristen

«Die Definition der Wartefristen bei der Bahn ist abhängig von der Infrastruktur. Wenn auf einer einspurigen Strecke beispielsweise ein Zug fünf Minuten zu spät in Langenthal abfährt, hat dies automatisch einen Einfluss auf den entgegenkommenden Zug, der bei der Kreuzung in Aarwangen fünf Minuten auf den Gegenzug warten muss. Er kommt dann eventuell wiederum fünf Minuten zu spät in Langenthal an, was erneut zu Anschlussbrüchen führen kann. Das Wichtigste für uns ist die Einhaltung unserer Transportkette. Im Verspätungsfall der Zubringer sind wir deshalb gezwungen, ‹verursachergerecht› zu entscheiden und bei Bedarf den Anschluss zu brechen, damit die pünktlich an unseren Stationen wartenden Reisenden den Anschlusszug im Knotenbahnhof erreichen.»

Informationssystem

«Die Branche hat ein automatisiertes System zum Austausch der Pünktlichkeitsdaten installiert, an das wir angeschlossen sind. Wir wissen also stets, wie viel Verspätung ein Zug prognostiziert hat, und können berechnen, ob ein Anschluss sichergestellt werden kann oder nicht. Die generelle minimale Umsteigezeit in den Umsteigeknoten beträgt zwei Minuten. Je nach Situation bezüglich der Umsteigewege werden die minimalen Umsteigezeiten verlängert. Bei einem sehr kurzen Umsteigeweg wie zum Beispiel in St. Urban kann die minimale Umsteigezeit auch reduziert werden. Die Anschlusssicherung ist ein Dauerprozess.»

Kundenreaktionen

«Gemessen an der Anzahl Reisenden fallen die Anschlussbrüche und die Kundenreaktionen moderat aus. Bei jeder Resonanz wird geprüft, was die Ursache für den Anschlussbruch war und ob Fehler ausgeräumt oder Optimierungen vorgenommen werden können. Wir wollen ausserdem immer wissen, ob wir selbst einen Fehler gemacht haben – diesbezüglich sind wir sehr selbstkritisch unterwegs.»

Blitzableiter

«Manchmal trifft der Frust der Fahrgäste auch unsere Mitarbeitenden – auch dann, wenn sie nichts dafür können. Andererseits gibt es auch immer wieder Lob oder Komplimente, wenn etwas klappt. Im Grossen und Ganzen überwiegen die positiven Reaktionen unserer Fahrgäste.»