David, hast du schon mal eine brenzlige Situation erlebt?

Klare Verhältnisse in Nidau

Noch vor Kurzem war das Betreten des Bahnhofareals einerseits und die Einfahrt in den Bahnhof Nidau andererseits ein anspruchsvolles Unterfangen. Sowohl für Lokführer wie David Stauffer als auch für Fahrgäste wie beispielsweise Frank Gutermuth war der Umbau des gesamten Bahnhofareals deshalb ein Segen. Wir trafen die beiden am Ort des Geschehens.

Das Erste, was David Stauffer durch den Kopf ging, war: Deeskalation. Schmale Perrons, unübersichtliche Strassenführung, Pendlerströme: «Die Einfahrt in den alten Bahnhof Nidau war eine Herausforderung», erinnert er sich an das Vorher. «Besonders bei schlechtem Wetter und bei eingeschränkter Sicht war ich teilweise wie auf Nadeln. Leute querten den Zug kurz vor der Abfahrt, Gedränge auf dem Perron, schlechte Beleuchtung – das gehört nun zum Glück alles der Vergangenheit an.»

Auch für Frank Gutermuth ist der neue Bahnhof Nidau ein Segen. Der Sozialarbeiter hat eine starke Sehschwäche; er pendelt praktisch jeden Tag zu seinem Arbeitgeber nach Bern. Seine Erinnerungen an die Situation vor dem Umbau sind denn auch alles andere als positiv. «Das Mittelperron hatte einen sehr schmalen Aufgang und war leicht ansteigend. Die Zugänglichkeit war massiv eingeschränkt. Wenn gleichzeitig die beiden Züge aus Biel und Ins einfuhren, fühlte ich mich jedes Mal unwohl.» Gutermuth musste besonders bei hohem Personenaufkommen zu Pendlerzeiten schauen, dass er es irgendwie in den Zug schaffte. «Zum Glück haben mich die Menschen rundherum immer wieder unterstützt. Sie verhielten sich in jeder Hinsicht grossartig; ihre Hilfsbereitschaft hat mich jeden Tag berührt.»

Für David Stauffer ist die aktuelle Situation im Bahnhof Nidau nicht mehr im Geringsten mit den ehemaligen Bedingungen vergleichbar: «Es ist in jedem Moment übersichtlich, die Lichtverhältnisse stimmen und wir können zügiger einfahren. Die Sicherheit aller Involvierten ist vollkommen gewährleistet. Und letztlich sind wir dadurch auch pünktlicher unterwegs», fasst der Teamleiter die Situation zusammen. «Mit der neuen Zugbeeinflussung ist zudem eine permanente Überwachung der sicherheitsrelevanten Punkte auf Strecke gewährleistet. Wir können mit unseren Kompositionen gar nicht mehr über Gefahrenpunkte rutschen oder fahren.»

Seit einem halben Jahr steht Frank Gutermuth eine zusätzliche Hilfe zur Seite. Cole, der fünfjährige Blindenhund. «Wir mussten uns zuerst aneinander gewöhnen und herausfinden, ob wir zusammenpassen. Schliesslich ist geplant, dass wir die nächsten fünf Jahre miteinander verbringen», erklärt der Halter den geplanten Prozess. «Cole musste ein dreistufiges Verfahren durchlaufen. Mittlerweile führt er mich jeden Tag zum Bahnhof, in den Zug und an mein Reiseziel.» Der Blindenhund, ausgebildet durch die Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde Allschwil, gibt Frank Gutermuth viel mehr Sicherheit. Er führt ihn über den Zebrastreifen, entlang der Leitlinien und ist ein grosser Gewinn. «Ich muss ihm einzig den Befehl ausgeben, dass er mich zum Bahnhof führt.»

Der Bahnhofumbau in Nidau ist für alle Beteiligten ein Gewinn. «Für mein Umfeld war die Sanierung eine grosse Erleichterung – vor allem für uns Lokführerinnen und Lokführer. Endlich ein Gefahrenpunkt weniger», resümiert David Stauffer. Noch sind zwar nicht alle Kinderkrankheiten vollständig behoben – die wichtigsten Prozesse aber funktionieren einwandfrei und ohne Probleme. Sowieso denkt David Stauffer, dass sein Arbeitgeber das Maximum für die Sicherheit von Personal und Fahrgästen unternimmt. «Die laufenden Verbesserungen an den Bahnübergängen oder die behindertengerechten Einstiege sorgen dafür, dass wir uns diesbezüglich jährlich verbessern. Ausserdem werden wir regelmässig über die Anpassungen informiert; die Kommunikation ist aus meiner Sicht etwas vom Zentralsten», ist sich Stauffer sicher. Info- und Sicherheitstage sowie Weiterbildungen tun das Übrige dazu.

Mit dem Umbau des Bahnhofs Lattrigen kam kürzlich ein weiterer Meilenstein auf der Strecke von Biel nach Ins hinzu. Und auch sonst sind regelmässige Verbesserungen auf dem gesamten Schienennetz geplant. «Die Minimierung aller Gefahrenpunkte auf der Strecke erleichtert mein Leben», fasst David Stauffer die ständigen Fortschritte zusammen. «Und die von uns Fahrgästen», ergänzt Frank Gutermuth.

Frank Gutermuth

Seit 32 Jahren wohnt er in der Schweiz – seit 22 Jahren in Nidau. Ursprünglich stammt Frank Gutermuth aus dem Speckgürtel von Berlin – der Nähe des Spreewalds. Vor gut zehn Jahren nahm sein Sehvermögen ab. Er brauchte Unterstützung in Bezug auf seine Arbeit am Computer und erhielt einen weissen Stock. Gutermuth pendelt heute drei- bis viermal wöchentlich von Nidau an seinen Arbeitsort Bern. In seiner Freizeit besucht er am liebsten Destinationen in den Schweizer Alpen; dazu kommt jährlich mindestens ein Besuch der geliebten Ostsee.

Fünf Stichworte

David Stauffer ist Teamleiter der asm-Lokführerinnen und -Lokführer sowie Ausbildungsverantwortlicher für das Lokpersonal. Zu 60 Prozent arbeitet er im Büro und zu 40 Prozent als Lokführer.

Traumberuf – «Lokführer, auch wenn ich eine Kochlehre gemacht habe.»
Lieblingsstrecke – «Von Lattrigen nach Täuffelen, dieser Blick auf den See …»
Morgenritual – «Kaffee und Schwatz im Depot mit meinen Kolleginnen und Kollegen.»
Wetterereignis – «Eine Nebelwand zwischen Siselen und Brüttelen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.»
Kundenbegegnung – «Die Dankbarkeit der Fahrgäste nach unserem Starkwindereignis vor zwei Jahren.»