«Die asm war schon immer innovativ unterwegs.»

Jürg Aeschlimann ist so etwas wie das Bahngewissen der Schweiz. Zum 175-Jahr-Jubiläum der Schweizer Bahnen erklärt der Bahnkenner die Erfolgsgeschichte und schaut dabei auch auf die 115-jährige Geschichte der asm.

Fotos: Paul Schneeberger

Herr Aeschlimann, warum interessieren Sie sich für die Geschichte der Schweizer Bahnen?

«Weil mir die Eisenbahn quasi in die Wiege gelegt wurde. Mein Vater arbeitete bei den SBB und steckte mich mit dem Virus an. Ich spürte während meines ganzen Lebens das Feuer für die Eisenbahn, arbeitete bei verschiedenen Bahnen und bin jetzt seit August 2022 pensioniert.»

Sie haben mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Was bedeutet das Jubiläum für die Schweiz?

«Für mich ist es eine riesige Erfolgsgeschichte. Der Bau der Eisenbahnen hat in der Schweiz eine überaus starke wirtschaftliche Entwicklung und hat damit die Schaffung von Tausenden von Arbeitsplätzen ermöglicht. Die Bahnen zogen Industrien an und entlang der Bahnlinien boomen bis auf den heutigen Tag die Städte und Agglomerationen.»

Blicken wir auf die 115-jährige Geschichte der asm zurück. Was fällt Ihnen dabei besonders auf?

«Die Vorgängerbahnen – aber auch die asm – waren im Lauf der Jahre sehr progressiv unterwegs. Eine frühe Innovation war beispielsweise die Einführung des Güterverkehrs mit normalspurigen Güterwagen. Diese wurden erstmals in der Schweiz auf der Strecke Langenthal–Aarwangen auf Rollschemeln eingesetzt.»

Welche Gründe gab es für die Fusionen der asm?

«Die Fusionen waren vielfach eine logische Konsequenz aus bereits sehr früh eingeleiteten Massnahmen. So übertrug die Langenthal-Melchnau-Bahn bei der Betriebseröffnung 1917 die Betriebsführung an die Langenthal-Jura-Bahn. Mit dem Vorteil, dass kein Verwaltungspersonal angestellt werden musste und der Rollmaterial- und Personalbestand klein gehalten werden konnte. Die Fusion der Langenthal-Jura-Bahn mit der Langenthal-Melchnau-Bahn zu den Oberaargau-Jura-Bahnen 1958 ging problemlos über die Bühne, da die beiden Bahnen bereits sehr stark verschmolzen waren. Erst 1999 konnten aber alle Hindernisse beseitigt werden und die Fusion der drei Bahnen Regionalverkehr Oberaargau, Solothurn-Niederbipp-Bahn und Biel-Täuffelen-Ins-Bahn zur Aare Seeland mobil AG vollzogen werden. 2003 kam dann noch die Ligerz-Tessenberg-Bahn hinzu.»

Welches war aus Ihrer Sicht der wichtigste Entscheid des Unternehmens?

«Die Verantwortlichen glaubten stets an die Zukunft des Bahnbetriebs und bekannten sich dazu – dies trotz teilweise unsicheren Aussichten. Das ist der Hauptgrund, dass die Bahn bis heute existiert.»

Gibt es ein Ereignis, das Ihnen persönlich besonders geblieben ist?

«Die heftigen Schneefälle mit den zahlreichen umgestürzten Bäumen im März 2006. Die Strecke Niederbipp–Langenthal war für mehrere Tage unterbrochen. Der einzige Schneepflug war in Bannwil eingeschlossen. Daher wurde auf der Strecke Solothurn–Niederbipp zur Schneeräumung während der ganzen Nacht ein Triebwagen eingesetzt.»

Was macht den Geist der asm aus?

«Die asm ist ein familiärer und überschaubarer Betrieb. Man kennt und unterstützt sich gegenseitig. Dadurch ergeben sich kurze Entscheidungswege und die Motivation bei den Mitarbeitenden ist hoch. Zudem ist die asm stark in der Bevölkerung und in der Politik verankert.»

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie kann sich die asm weiter behaupten und entwickeln?

«Die asm-Gruppe ist im Gesamtsystem öffentlicher Verkehr gut integriert. Für den Bahn- und die Busbetriebe sieht es aus meiner Sicht rosig aus, nicht zuletzt im Hinblick auf die aktuelle Klimadiskussion.»