St. Urban 2030

Die Verschiebung des Endbahnhofs der Linie nach St. Urban: auf den ersten Blick eine relativ simple Angelegenheit. Wir haben mit asm-Verkehrsplaner Heinrich Matter das Projekt beleuchtet. Denn die Situation mit der Lage bei der Bahn-Endhaltestelle in St. Urban ist ein bisschen komplexer und die vorgesehene Lösung wird voraussichtlich nicht vor 2030 realisiert.

Die Ausgangslage

Fakt ist: Der asm-Streckenabschnitt zwischen St. Urban und St. Urban Ziegelei muss erneuert werden. Fakt aber ist auch: Die beiden bestehenden Haltestellen St. Urban und St. Urban Ziegelei liegen zurzeit bezüglich Erschliessung (zu) weit entfernt. Dies sowohl von St. Urban selbst – aber auch von der Luzerner Psychiatrie (LUPS) mit ihren über 700 Mitarbeitenden sowie dem Kloster St. Urban. Mit der Verlegung der Endstation kann die Auslastung und damit die Wirtschaftlichkeit der Züge weiter verbessert und das Angebot attraktiver gemacht werden. 

Die Pläne

In einer vom Verkehrsverbund Luzern (VVL) in Auftrag gegebenen Potenzialanalyse kommt klar zum Ausdruck, dass die LUPS und das Kloster St. Urban derzeit mit dem ÖV schlecht erschlossen sind. Das gilt nicht nur für die mit der Bahn anreisenden Personen, zusätzlich ist auch das Umsteigen zwischen der Bahn und den Buslinien aus Reiden und Zell nicht ideal. Die Anreise aus Richtung Langenthal soll deshalb durch eine Verlegung des Endbahnhofs attraktiver werden. Mit dem Streckenneubau kann auf die anstehende Sanierung des letzten Streckenabschnitts zwischen St. Urban und St. Urban Ziegelei, den aufwendigen behindertengerechten Ausbau der Haltestelle St. Urban Ziegelei und die Sanierung der Bahnübergänge auf der Bestandsstrecke verzichtet werden. Dazu kommt: Mit dem heutigen Angebot fährt nur jeder zweite Zug bis an die Endhaltestelle St. Urban Ziegelei – auch dies soll sich mittelfristig ändern.

Die Parteien

Die Treiber des Gesamtprojekts sind der VVL sowie die asm. «Gemeinsam wollen wir erreichen, dass der neue Bahnhof die LUPS, die Ortschaft St. Urban und das Kloster St. Urban besser erschliesst, sodass die Linie in Richtung Langenthal optimaler ausgelastet werden kann und dadurch die Reiseströme verbessert werden können. Viele Mitarbeitende der LUPS kommen aus dem Raum Langenthal», erklärt asm-Verkehrsplaner Heinrich Matter. Dafür sind auch die ENHK (Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission) sowie die EKD (Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege) zu gewinnen. Letztere muss dem Bahnprojekt im Umfeld des geschützten Ortsbildes von nationaler Bedeutung zustimmen. Weitere Stakeholder sind das Amt für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination des Kantons Bern, die Regionen Luzern West und Oberaargau, der Regionalverband Zofingenregio, die Gemeinden Roggwil und Pfaffnau (St. Urban ist Teil der Gemeinde Pfaffnau) sowie der Oberingenieurkreis Oberaargau-Emmental im Kanton Bern und die Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi) des Kantons Luzern.

Die Herausforderungen

Als höchste Landschafts- und Denkmalschutzinstanzen verfassten die ENHK und die EKD ein Gutachten, in dem die Qualität des Ortes herausgestrichen und die neue Streckenführung definiert wurde. Im weiteren Projektverlauf muss nun in Abstimmung mit den beiden Kommissionen unter anderem die Höhenlage der Gleise definiert werden, damit die Sicht auf das Kloster möglichst nicht gestört wird. Die Entscheidung, was umgesetzt werden kann, liegt letztlich beim BAV (Bundesamt für Verkehr) als Genehmigungsbehörde. «Die grössten Herausforderungen sind die veränderte Streckenführung und der neue Bahnhof, der sich näher beim Kloster und somit bei der LUPS befindet», weiss Matter. 

Der Dialog

«Dass so viele Parteien, zwei Kantone und auch der Bund involviert sind, macht das Projekt nicht einfacher», resümiert Heinrich Matter die Lage realistisch. Der asm-Verkehrsplaner zeigt sich aber andererseits auch optimistisch: «Wir haben ein gutes Einvernehmen und rechnen uns gute Chancen aus, dass das Projekt umgesetzt werden kann.» Dazu gehört auch die Verknüpfung von Bahn und Bus. «Die Reiseketten müssen optimal aufeinander abgestimmt werden», so Matter. Bisher zeichnet sich gegen das Projekt kein Widerstand ab. Die Grundlage für eine gute Diskussionsbasis wurde gelegt. Der Projektlead liegt bis zum Vorliegen des abschliessenden Gutachtens der beiden eidgenössischen Kommissionen beim VVL, danach wechselt er zur asm.

Der Zeitplan

Die asm und ihre Partner rechnen mit einer sechsjährigen Realisierungsphase. Wann die Baubewilligung erteilt wird, ist noch unklar. «Der Baubeginn ist zirka für im Jahr 2030 vorgesehen – viel schneller geht das leider wohl nicht», zeigt sich Matter realistisch. 

Die Kosten

Allein die Sanierung der Bestandsstrecke hätte die asm 7 Millionen Franken gekostet. «Der Ausbau und die Versetzung des Endbahnhofs werden 13 Millionen Franken ± 30 % kosten», erklärt Heinrich Matter. Die Kosten werden über die Leistungsvereinbarung zwischen der asm und dem Bund mit Geldern aus dem Bahninfrastrukturfonds unter Kostenbeteiligung der Kantone finanziert.

Die nächsten Schritte

Nach dem ersten Gutachten der eidgenössischen Kommissionen werden zurzeit eine Machbarkeitsstudie und eine umfassende Interessenabwägung nach Art. 3 der Raumplanungsverordnung ausgearbeitet. Daraufhin folgt ein zweites Gutachten und danach beschliessen die beiden Kantone, ob das Projekt realisiert wird oder nicht.

Die Erfahrungen

Heinrich Matter ist trotz seinem jugendlichen Alter ein erfahrener Verkehrsplaner und kann deshalb die Situation eines solchen Projekts sehr gut abschätzen. «Klar ist: Alle wollen das Projekt zum Fliegen bringen und trotzdem ist noch nicht klar, wie und wann wir zum Ziel kommen. Wir sind aber bisher gut vorwärtsgekommen und erhalten von allen Seiten ein gutes Feedback. Es herrscht grosses Wohlwollen.»